Es ist Deutschland nicht möglich, seinen Glücksspielmarkt in geordnete Bahnen zu lenken, vor allem im Hinblick auf den internationalen Vergleich. Eine umfassende wissenschaftliche Evaluierung der Glücksspielregulierung Deutschland, die am 29. Mai 2017 in Berlin vorgestellt wurde, ist zu diesem Schluss gekommen. Dafür wurden erstmalig auch die Positionen des organisierten Sports und der Glücksspielanbieter berücksichtigt. Im sogenannten „DICE-Kanalisierungsindex“ in dem sechs europäische Länder miteinander verglichen werden, belegt Deutschland den letzten Rang. Spitzenreiter sind Dänemark sowie Großbritannien, gefolgt von Spanien, Frankreich und Polen. In dem Index wird beschrieben, wie geeignet die gesetzgeberischen Maßnahmen des jeweiligen Landes sind, um das Glücksspiel aus dem Grau- oder Schwarzmarkt in einen regulierten Bereich zu führen.
Es steht für die Wissenschaftler fest, dass die beschlossenen Änderungen des Glücksspielstaatsvertrages, die erst jüngst von den Ministerpräsidenten der 16 Länder beschlossen wurden, die vorhandenen Defizite nicht beheben. Laut den Wissenschaftlern müsste ein Glücksspielmarkt gestaltet werden, der den Verbrauchern die Möglichkeit bietet, attraktive legale Angebote zu nutzen, denn nur so sei es dem Staat möglich, Kontrolle über den Markt zu erlangen.
Nur legales Glücksspiel ermöglicht die gesetzten Ziele zu erreichen
Prof. Dr. Justus Haucap vom Düsseldorfer Institut for Competition Economics (DICE) an der Heinrich-Heine Universität Düsseldorf erklärt, dass nur dann wenn legal Glücksspiel angeboten wird, ist der Staat in der Lage auch in der Lage, seine anderen Ziele zu erreichen: Verbraucherschutz, Spielsucht Bekämpfung und Verhinderung der Manipulation im Sport. Doch genau damit scheitert nach seiner Ansicht die aktuelle Regierung auf ganzer Linie.
Von dem Direktor des Instituts für Sportrecht an der deutschen Sporthochschule in Köln, Prof. Dr. Martin Nolte wird ergänzt, dass die zahlreichen Verbote und Restriktionen im Staatsvertrag einer empirischen Grundlage entbehren und so auch die Restriktionen im Bezug auf die (Live-)Ereigniswetten. Hier müsse der Gesetzgeber nachbessern.
Kommentiert wird dieses auch von Prof. Dr. Heino Stöver von der Frankfurter University of Applied Sciences. Er ist der Ansicht, dass die Vorstellung, dass ein linearer Zusammenhang zwischen der Verfügbarkeit von einem Suchtobjekt und dem Ausmaß der Suchthäufigkeit besteht, vollkommen antiquiert sei. Stöver erklärt, dass aktuelle Suchtstudien belegen, dass Verbote sogar kontraproduktiv wirken.
Der Gesetzgeber sollte sich für die konkrete Ausgestaltung der Regulierung an den Best-Practice-Beispielen Dänemark und Großbritannien ein Beispiel nehmen oder auch hierzulande an Schleswig-Holstein. Denn schließlich sei eine umfassende Reform des Glücksspielkollegiums erforderlich, damit an dessen Stelle letztendlich eine zentrale und verfassungskonforme Kontrolle- und Regulierungsbehörde entstehen kann.
Die Studie „Faktenbasierte Evaluierung des Glücksspielstaatsvertrags“ wurde erstellt von:
Prof. Dr. Justus Haucap, Direktor des Düsseldorf Institute for Competition Economics (DICE) an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf,
Prof. Dr. Martin Nolte, Direktor des Instituts für Sportrecht an der Deutschen Sporthochschule Köln,
Prof. Dr. Heino Stöver, Professor für sozialwissenschaftliche Suchtforschung an der Frankfurt University of Applied Sciences.
Die Studie wurde vom Deutschen Sportwettenverband (DSWV) und vom Deutschen Online Casinoverband (DOCV) gefördert.
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